Das „Tesla-Tempo“ schmeckt nicht wirklich allen

Bei der Eröffnung der „Gigafactory“ in Brandenburg sprachen Kanzler Scholz und sein Wirtschaftsminister Habeck mit Stolz davon, dass „wir auch elektrisch können“. Das war – mit Verlaub – ein bisschen angeberisch. Streit ums Grundwasser gab es auch.

Super Elon Musk

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn Bundeskanzler Scholz auf Elon Musk trifft, um dann zu sagen: „Deutschland kann schnell sein.“ Und der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck forderte „mehr Tesla-Tempo“ auch bei anderen Infrastrukturvorhaben. Beide sprachen anlässlich der Eröffnung der „Tesla-Gigafactory“ in Brandenburg. Jetzt mal ehrlich: Scholz ist gegenüber Musk eine Schildkröte.  Der Bundeskanzler steht eher für umständliche Bedächtigkeit und Musk ist bekannt für höchste Geschwindigkeit, geistig wie technisch. Scholz spart mit Sätzen, Musk hat den Mars im Sinn. Nicht Deutschland war in Brandenburg schnell, sondern die konsequente Risikobereitschaft eines Elon Musk war es, die den Bau der Fabrik für Elektroautos innerhalb von nur zwei Jahren ermöglichte. 

Normalerweise liegen in Deutschland zwischen der Baugenehmigung und der Betriebsgenehmigung etliche Jahre. Bei Tesla war es so, dass zwischen beiden Genehmigungen nur Wochen lagen und dann sofort die Eröffnung folgte. Wie ist das möglich? Ganz einfach, weil Tesla die Baugenehmigung gar nicht abwartete, sondern schon vorher mit dem Bau der Fabrik begann. Grundlage waren hierfür 19 Ausnahmeregelungen der zuständigen Behörden. Aber Tesla musste das Risiko tragen, das gesamte Gelände zurückzubauen, wenn am Ende die endgültige Baugenehmigung doch nicht erteilt würde. Das schreckt einen wie Elon Musk nicht, aber andere Unternehmen würden so etwas nicht machen.  

Daher sind die Sprüche von Scholz und Habeck über das Tempo, das Deutschland haben könne, zunächst mal nur große Worte. Es wird sich ja bald zeigen, ob es beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Stromnetze dann wirklich auch schnell geht, ohne dass ein Musk das Risiko für das Tempo übernimmt.

Habeck sagte bei dem Event zur Eröffnung der „Gigafactory“ dann noch: „Zu zeigen, wir können auch elektrisch, ist an diesem Tag ein schönes Symbol.“ Aber bitte, der Pioniergeist von Musk mit Tesla hat schon früh den Weg beschritten, elektrisch zu „können.“ Das „wir“ ist hier doch etwas angeberisch. Habeck hat es wohl vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs benutzt, weil dieser die brutale Abhängigkeit von russischem Gas aller Welt vor Augen führt.  Und da Elon Musk bekanntlich aus den USA kommt, kann das „wir“ vielleicht auch die neue existenzielle Partnerschaft mit Amerika meinen, siehe neue Lieferungen von flüssigem Erdgas aus den Staaten. Nun ja, da Deutschland auch über eine Automobilbranche verfügt, ist die Eröffnung der Tesla-Fabrik in Brandenburg schon auch wettbewerbsfördernd. Jährlich 500.000 Tesla sollen in Grünheide vom Band laufen. Mal sehen, wie es beispielsweise VW, BMW, Audi und Mercedes mit ihrem Tempo dann so halten. Denn Habecks  Wortschöpfung vom „Tesla-Tempo“ wird den hiesigen Autobauern nicht unbedingt geschmeckt haben. Schließlich ist Habeck der deutsche Wirtschaftsminister. Und die deutsche Automobilbranche versteht unter „wir“ eher den Stern als den Mars.

Das Tempo, in dem die Tesla-Fabrik aus dem Boden gestampft wurde, hat auch für Ärger gesorgt. Dabei geht es hauptsächlich um den Streit um das Grundwasser. „Sieht das für Sie hier etwa nach Wüste aus?“, witzelte Musk im Sommer 2021, als bei einer Baustellenbesichtigung das Thema Wasserverbrauch aufkam. In Brandenburg gibt es mit Abstand die meisten Seen in der Bundesrepublik. Trotzdem ist Brandenburg ist eine sehr trockene Region und die sandigen Böden dort speichern kaum Wasser. Der Grundwasserspiegel geht seit zehn Jahren massiv zurück. Da ist der enorme Wasserverbrauch einer Großfabrik natürlich ein Problem. Pro Jahr benötigt das neue Werk bis zu 1,4 Millionen Kubikmeter Wasser, so steht es in den Genehmigungsunterlagen. Das entspricht ungefähr dem Wasserverbrauch einer Stadt mit 30.000 Einwohnern.

Der Grund für den Wassermangel ist aber natürlich nicht die Tesla-Fabrik, sondern der Klimawandel. Insoweit ist die Produktion der Elektrofahrzeuge im großen Stil eben auch ein Teil der Lösung. Auch wenn E-Autos nicht die Welt retten werden, wie der bei der Eröffnung des Werks tanzende Firmenchef Musk gerne suggerieren möchte. „Glaubt an die Zukunft“, sagte Musk da. Der Gedanke: „Ja gut, aber nicht bei uns“ ist ja bei vielen Klimaprojekten ein Problem. Kann Deutschland auch „ehrlich“?