„Dreck in der Lunge, Dreck im Hirn“, Interview mit Eckart von Hirschhausen

Interview mit dem Arzt, Autor und TV-Moderator Eckart von Hirschhausen, der am 26. April in Freiburg einen Auftritt im Konzerthaus hat.

Eckart von Hirschhausen (Foto: S-Promotion)
Eckart von Hirschhausen (Foto: S-Promotion)

Eckart von Hirschhausen kommt mit seinem aktuellen Programm „Endlich! – Das Life!-Programm“ am 26. April nach Freiburg ins Konzerthaus. Der „Doktor der Nation“ bietet bei seinem Auftritt viele Aha- Erlebnisse, und erstaunliche Fakten – wie immer witzig und hintersinnig zugleich. Ein Gespräch mit dem Mediziner und Bühnenstar über die Themen unserer Zeit. 

Gibt es in unserem Kopf immer nur Platz für eine Krise? Nachdem wir mit der Corona-Pandemie zu tun hatten, geriet der Klimaschutz in den Hintergrund, mit dem Ukraine-Krieg ist Corona plötzlich nicht mehr so ein wichtiges Thema.

Eckart von Hirschhausen: Auf meinem Buch «Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben» gibt es einen Button: «Drei Krisen zum Preis von zwei!» Was wie ein Sonderangebot klingt, ist die Tatsache, dass die großen Krisen unserer Zeit sehr eng miteinander verwoben sind: Klima, Pandemie, Artensterben, aber auch fossile Energie, Krieg und Hunger. Krise ist das neue Normal. Die Welt ist unsicherer geworden, aber das Bedürfnis nach Orientierung, nach positiven Gemeinschaftserlebnissen und einem Denken über Ländergrenzen hinweg hat zugenommen. Gesundheit ist ansteckend und global, ein Virus fragt nicht nach einem Visum, um Ländergrenzen zu überspringen. So wenig wie ein C02 Molekül in der Atmosphäre fragt, aus welchem Land es kam. Die Pandemie ist die Folge der Zerstörung der natürlichen Lebensräume der Wildtiere. Acht Millionen Menschen jedes Jahr sterben an Luftverschmutzung, und eine Lunge, die Dreck einatmen muss, ist auch viel anfälliger für Corona. Klimaschutz und Tierschutz ist auch Gesundheitsschutz, wenn wir das aus den letzten beiden Jahren gelernt haben, war es wenigstens zu etwas gut.

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die Golfstaaten zu einer stärkeren Ölförderung aufgerufen, die deutsche Bundesregierung hat mit Katar über Gaslieferungen verhandelt. Sind solche Übergangslösungen akzeptabel? Wird hier nicht eine Autokratie als Partner durch eine andere ersetzt und die Natur bleibt wieder auf der Strecke?

Eckart von Hirschhausen: Momentan finanzieren wir jeden Tag diesen Krieg durch die Energieimporte. Das ist unerträglich und ich hoffe, dass wir da schnell umlenken. Weniger als 100% erneuerbare in Deutschland ist eine Beleidigung der Intelligenz unsere Ingenieure, hat Herman Scher, der große Vordenker der Energiewende vor Jahrzehnten schon gesagt. Und ich würde ergänzen: Auch eine Beleidigung von allen Menschen, die gerne atmen. Weltweit ist Luftverschmutzung der Killer Nummer Eins, auch ein Nebenaspekt von fossiler Energie. Dreck in der Atmosphäre, Dreck in der Lunge, Dreck im Hirn. Wir setzen durch die Kohleverstromung in Deutschland mehr als fünf Tonnen Quecksilber jedes Jahr in die Luft, und darüber redet keiner, obwohl Quecksilber für das Hirn toxisch ist. Erneuerbare Energien sind so viel gesünder für Mensch und Planet!

Immer wieder plädieren Sie auch für ein Umdenken bei der Ernährung und weisen Sie auf den positiven Effekt hin, wenn weniger Fleisch gegessen wird – sowohl fürs Klima wie auch für die Gesundheit des Menschen. Einer Ihrer eindrücklichen Vorschläge war, dass jeder der ein Kilo Fleisch kauft auch einen 20-Liter-Eimer Gülle mitnehmen muss. Gibt es in Ihrem Live-Programm in Freiburg weitere solcher originellen Ideen?

Eckart von Hirschhausen: Ja, bei aller Ernsthaftigkeit der Themen, gibt es viel zu lachen, zu staunen, zum Weitererzählen. Das Schöne an meinem Liveprogramm: Jeder Abend ist ein Unikat. Ich gehe viel auf aktuelle Dinge ein, improvisiere mit den Zuschauern, sonst würde ich mich ja selbst langweilen! (lacht) Und weil sich mein Programm ja mit der Endlichkeit beschäftigt, verschreibe ich keine Pillen, sondern verrate einen extrem einfachen Trick, sein Leben um zehn Jahre zu verlängern. Wen das interessiert, Sie sind herzlich eingeladen am 26.04. in mein Programm zu kommen! Versprochen: alle Zuschauer gehen gesünder nach Hause als sie gekommen sind. Denn Lachen ist die beste Medizin! Und wer zuletzt lacht, lacht am besten. Es ist tatsächlich mein letzter Auftritt in Freiburg, denn ich mache nach 30 Jahren eine längere Tourpause. Also letzte Chance, es gibt noch Karten! 

Sie sagen, die Wissenschaft muss klare Aussagen liefern und die Politik muss auf die Wissenschaft hören. Beides ist weder bei der Corona- noch bei der Klimakrise optimal gelaufen. Was muss passieren, damit die Dringlichkeit in der Politik ankommt? 

Eckart von Hirschhausen: Mein Freund Harald Lesch, der tolle Filme und Vorträge zu dem Thema macht und sich nicht scheut, auch die AfD Positionen wissenschaftlich zu prüfen und in die Tonne zu treten, sagt: „Naturgesetze sind nicht verhandelbar!“ Das ist der Punkt. Ich kann nur jeden Politiker ermutigen, mutiger zu sein und auf die Wissenschaft zu hören. Menschen gewöhnen sich sehr schnell an neue Spielregeln für alle. Als das Rauchen in Kneipen verboten wurde, gab es wahnsinnigen Protest – nach ein paar Wochen war aber klar: das ist eine gute Sache. Wir haben das erste Waldsterben verhindert, nicht indem wir an jeden Einzelnen appelliert haben, sondern durch visionäre Ordnungspolitik. Die braucht es auch jetzt. Wir können noch so viel Kraft auf die Vermeidung von Plastiktüten legen, wenn die Flüge weiterhin in Deutschland billiger sind als Bahnfahrten und Straßen wichtiger sind als Radwege, bekommen wir keine relevante Verhaltensänderung. Wenn wir unsere krankmachenden Konsummuster unterbrechen, geht es nicht um Mangel oder Verzicht, sondern um das einzig sinnvolle und langfristige, um einen Zugewinn an Lebensqualität. Die Idee einer „Planetary Health Diet“ verbindet das, was dem Körper guttut, mit dem, was dem Planeten gut tut. Und das ist vor allem weniger Fleisch, weniger Zucker und Milchprodukte, mehr Nüsse, Hülsenfrüchte und buntes Gemüse. Wir müssen viel mehr betonen, welche Vorteile wir selber haben, wenn wir für den Klimaschutz handeln. 

Laut einer aktuellen Studie des Fachmagazins »Nature«, wird unser verbleibendes Kohlenstoffbudget für die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad in neuneinhalb Jahren aufgebraucht sein. Allein 2021 haben wir weltweit rund neun Prozent dieses Restbudgets verbraucht. Ist also alles schon zu spät?

Eckart von Hirschhausen: Frans Timmermans, der Kommissar für Klimaschutz in der EU-Kommission, sagt: Wir haben als Menschen oft nur aus den Vollkatastrophen gelernt. Aus der Katastrophe der Klimakrise werden wir nicht mehr lernen können, weil sie nicht umkehrbar ist. Die Frage ist also: Können wir jetzt eine Aufbruchsstimmung schaffen wie nach dem zweiten Weltkrieg und Dinge tun, von denen wir selber nicht unbedingt profitieren, die aber das Überleben, den Wohlstand und die Freiheit der nächsten Generation sichern, so wie es das Bundesverfassungsgericht auch vorschreibt. Deshalb müssen wir uns viel mehr darüber unterhalten, wie ein gutes Leben aussehen kann, bei dem wir nicht wie blöde Ressourcen verballern. So gesehen hoffe ich, dass diese Krise uns die Augen geöffnet hat: Es lohnt sich, um jedes Zehntelgrad zu kämpfen, um jede Tonne CO2, die wir verhindern, als Grundlage für eine friedlichere und gesündere Welt.  Das Thema ist im öffentlichen Bewusstsein angekommen, Jugendliche gehen mit „Fridays For Future“ auf die Straße, Eltern und Großeltern unterstützen sie und auch die Politik kommt an dem Thema nicht mehr vorbei. Wenn ich mir jetzt noch etwas wünschen dürfte – dass die ganze Diskussion mit ein bisschen Humor geführt wird, damit das Ganze nicht so verbiestert rüberkommt. Ich liebe die Plakate mit Augenzwinkern: „Kurzstreckenflüge nur für Insekten“, „Wozu Bildung, wenn keiner auf die Wissenschaft hört?“ oder „Klima ist wie Bier – zu warm ist Scheiße!“ Elon Musk hat einen Preis von 100 Millionen Dollar ausgelobt für jemanden, der was erfindet, was CO2 bindet. Da hat jemand getwittert: Dürfen sich auch Bäume bewerben? Das ist mein Humor.

Das komplette vollständige Interview lesen Sie unter www.barbarabreitsprecher.com.