Die falsche Angst vor Väterchen Frost

Die Bundesregierung hat mit dem dritten Entlastungspaket im Volumen von weiteren 65 Milliarden Euro ein Zeichen gesetzt. Die Hetze dagegen ist billiges politisches Kalkül.

Väterchen Frost

Der Herbst hält Einzug, der Winter steht vor der Tür. Nach slawischem Mythos kommt dann Väterchen Frost zu uns, aus Russland natürlich. Der verteilt allerdings nicht milde Gaben, wie es im Mythos geschildert wird, sondern sorgt quasi im Auftrag Putins für ein entzweites Deutschland.Derzeit ist allerdings ein Phänomen zu beobachten, das darin besteht, dass deutsche Politiker sich in die Pose von Väterchen Frost werfen, obwohl noch kein Mensch weiß, wie kalt der kommende Winter überhaupt wird. Da ist also „Papa Scholz“, der mit ernster Miene vor „schweren Zeiten“ warnt, da ist „Großväterchen Merz“, der gleich den „Blackout“ kommen sieht, und da sind auch „Stiefväterchen Lindner“ und der gute „Onkel Habeck“, die sich um den Atomstrom streiten. Alle zusammen schüren sie eine falsche Angst. Denn auch dieser Winter wird vorüber gehen und sei es mit Blessuren. Dabei sind wir Deutschen halt mal nicht auf Wolken gebettet. Aber es wird auszuhalten sein. 

Die Ampel-Bundesregierung hat ja das dritte „Entlastungspaket“ verabschiedet, im Volumen von weiteren 65 Milliarden Euro, womit sich die Entlastungen der Bürger im Jahr 2022 auf knapp jene100 Milliarden Euro belaufen, die ja auch die Bundeswehr (zusätzlich) kriegen soll. Der Staat hat also die „Kriegskasse“ geöffnet, zum einen zur militärischen Selbstverteidigung, zum anderen zur zivilen Verteidigung im Energiekrieg mit Russland. In beiden Fällen ist es lediglich die Frage der zügigen Umsetzung, die noch offen ist. Da bleibt zu hoffen, dass nicht typisch deutsche Bürokratie-Hürden alles verzögern.   

Es ist wohl die „German Angst“, die trotz solcher Maßnahmen dafür sorgt, dass geradezu Panik geschürt wird. Bei den Ampel-Chefs mag auch die Angst um Wählerstimmen eine Rolle spielen. Es ist ja schon auch Pech für eine neue Regierung, die sich zum Start ganz andere Ziele gesetzt hatte, wenn sie von den Ereignissen wie eben dem Überfall Russlands auf die Ukraine und die daraus folgende Energiekrise in ganz Europa, aber vor allem auch in Deutschland überrollt wird. Die Ampel kann für diesen Krieg nichts und für die fatale Abhängigkeit von russischem Gas auch nicht viel (außer halt die SPD und die Person Olaf Scholz als Juniorpartner unter der Regierung Merkel). Trotzdem droht der Ampel-Koalition nun der Unmut aus der Bevölkerung, ganz einfach, weil der Unmut über jedweden Verlust von Sicherheit und Wohlstand halt immer die aktuelle Regierung trifft.  

Diesen Unmut will die Opposition nach Kräften schüren, was sie übrigens gar nicht adelt. Wenn etwa Oppositionschef Friedrich Merz über das jüngste Entlastungspaket sagte, dass dieses nicht genüge, weil es ja all jene nicht bediene, die nur knapp über den Geringverdienern sind, dann ist ein Lachanfall nicht fern.  Wir können uns jedenfalls nicht erinnern, dass die Union sich in all der Zeit ihrer Regierungsverantwortung jemals um diese Einkommensklassen verdient gemacht hätte. Auch nicht wirklich um Bildung, Familie und generell Soziales. Aber wir erinnern uns im Unterschied zu Friedrich Merz sehr wohl daran, dass die Union die letzten Jahrzehnte an der Regierung war, eben ohne durch großzügige Hilfen an jene aufzufallen, die jetzt angeblich von der Ampel vergessen wurden.

Noch übler wird das Schüren von Ängsten, wenn es um den Betrieb von Atomkraftwerken geht. Da hat Merz den Eindruck erweckt, dass im Winter ein „Blackout“ drohe, nur weil die Grünen in der Ampel ideologisch verblendet seien. Das grenzt schon an politische Hetze. Stromausfall, kein Kühlschrank, kein Computer, kein gar nix mehr, weil Robert Habeck es versäumt, die Laufzeit von drei Atomkraftwerken zu verlängern? Merz und Co. wissen wohl selbst, dass dieses Angstszenario nur dazu dient, die Bevölkerung gegen die Ampel aufzubringen. Das ist ein übles Kalkül, das einer bürgerlichen Opposition in Kriegszeiten nicht würdig ist.

Wenn die Linke und die AfD gleichermaßen die Angst und die Wut der Bürger schüren will, um für einen „heißen Herbst“ zu sorgen, dann ist der infantile Wunsch der Vater des Gedankens, dass Väterchen Putin ja gnädig wäre, wenn man ihm nur die Hand reiche. Der lacht sich einen Frost!