Wenn Energie arm macht

Trotz aller Deckel und Bremsen: Die Kosten für Gas und Strom treiben manchen Verbrauchern Angstschweiß auf die Stirn. Und noch ist weiter unklar, welche Unternehmen und welche Privathaushalte wie hoch entlastet werden durch den Staat.

Stromsparhelferinnen - und Helfer beraten direkt in der Wohnung und liefern Soforthilfen (Bild: Foto: Stromspar-Check, Dietmar Gust)

Etwa 2,6 Millionen Menschen in Deutschland konnten bereits 2021 aus finanziellen Gründen ihr Haus oder ihre Wohnung nicht angemessen warmhalten. Auch ohne prophetische Fähigkeiten lässt sich voraussagen, dass diese Zahlen, die das Statistische Bundesamt kürzlich mitteilte, im kommenden Winter noch deutlich höher liegen werden.

Schon im ersten Halbjahr dieses Jahres war dieser Trend deutlich sichtbar: Über 25 Prozent der Deutschen gaben im Mai 2022 mehr als zehn Prozent ihres Nettoeinkommens für Energie aus, also für Heizen, Warmwasser und Strom. Im Vorjahr waren es nur 14,5 Prozent der Menschen. Personen, die mehr als zehn Prozent ihres Nettoeinkommens für Energie ausgeben, gelten als „energiearm“. In diesem und dem nächsten Jahr werden voraussichtlich Leute von Energiearmut bedroht, die knapp 2.500 Euro für Haushaltsenergie ausgeben und etwa 2.000 Euro netto im Monat verdienen. 

Gaspreisbremse und Strompreisbremse mögen das Problem ein Stück weit abfedern. Dies aber nur, wenn die Preise auf Dauer wieder sinken, sonst braucht es mehr als staatliches Eingreifen. Ein Konzept, das die sozialen Missstände und die notwendigen Schritte zum Klimaschutz gleichermaßen berücksichtigt. Bausteine dazu gibt es zur Genüge: die Förderung einer energetischen Sanierung von Sozialwohnungen; die Förderung von Eigenstrom-Produktion, etwa durch Mieterstrom oder Balkon-Photovoltaik oder den Ausbau und eine Kostenreduzierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). 

Wie ein solcher Ansatz in der Praxis aussehen kann, zeigt auch das bundesweite Projekt „Stromspar-Check“, in dem der Deutsche Caritasverband und der Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD) seit 2008 den Kampf gegen Energiearmut mit Klimaschutzzielen verknüpfen. Gefördert wird das erfolgreiche Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative.

Der Stromspar-Check berät Menschen mit geringem Einkommen an über 150 Standorten bundesweit kostenlos zu Einsparungen bei Wärme, Strom und Wasser. Mehr als 402.000 Haushalte haben die Beratung bereits in Anspruch genommen und konnten ihre jährlichen Energiekosten um durchschnittlich 190 Euro reduzieren. 

Die Beratung findet in der eigenen Wohnung statt, Stromsparhelferinnen und –helfer  nehmen dabei sämtliche Strom- und Wasserverbräuche auf und analysieren das jeweilige Nutzungsverhalten. In einem zweiten Besuch bauen die Stromsparhelfer*innen für den Haushalt geeignete und kostenfreie Energie- und Wassersparartikel ein. Mit diesen sogenannten Soforthilfen im Wert von bis zu 70 Euro – LED, schaltbare Steckerleiste und wassersparende Duschköpfe – werden Energieverbrauch und damit Kosten sofort reduziert. Die Stromspar-Teams beraten zudem in energieeffizienterem Nutzungsverhalten zum Beispiel beim Heizen und Lüften, Kochen oder Waschen. Ein weiteres Angebot des Projekts ist die Unterstützung beim Austausch eines alten Kühlschranks oder einer stromfressenden Gefriertruhe gegen ein hocheffizientes Kühlgerät: Dieser Tausch wird durch einen Gutschein in Höhe von 100 Euro unterstützt (lokal häufig auch mehr) und spart noch einmal rund 100 Euro Stromkosten. Über eine Million Menschen haben sich seit 2008 beraten lassen und konnten ihr knappes Budget sowie das Klima entlasten; sie haben insgesamt 640.000 Tonnen CO2-Ausstoß eingespart. 

Getragen wird das Projekt vom Deutschen Caritasverband (DCV) und Bundesverband der Energie- und Klimaschutzagenturen Deutschlands (eaD) mit ihrer sozialpolitischen und energiefachlichen Kompetenz. „Aus unserer Beratungspraxis wissen wir, dass die Energiekosten für Menschen mit niedrigen Einkommen ein großes Armutsrisiko darstellen“, konstatiert Eva Maria Welskop-Deffaa. „Wer zu wenig Geld verdient, um sich eine gut isolierte Wohnung leisten zu können, für den gehen Heiz- und Stromkosten an die eiserne Reserve.“ Für die Caritas-Präsidentin ist „der Stromspar-Check deshalb ein Instrument im Kampf für Klimaschutz und gegen Armut.“

Der Vorstandsvorsitzende des eaD, Michael Geißler sagt: „Energiesparen ist das Gebot der Stunde. Der Stromspar-Check schafft finanzielle Entlastung und schützt das Klima. Das belegen unsere Zahlen. Der durchschnittliche Haushalt spart jährlich bis zu 20 Prozent seiner Energiekosten und 420 kg CO2. Durch reduzierte Transferleistungen für Heizenergie und Warmwasser sparten außerdem Bund und Kommunen bisher 121 Millionen Euro.“ 

Stromspar-Check:
www.stromspar-check.de

Energiespar-Kampagne:
www.ews-schoenau.de/wirsparendas