Plagegeister

In Freiburg steigt die Zahl der Tigermücken-Populationen rasant weiter. Auch in Herdern sind die invasiven Stechmücken ein Problem, weiß Christopher Huck, der Projektleiter für Tigermücken-Bekämpfung in Freiburg.

Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) ist etwa 6 mm klein, schwarz-weiß gefärbt und hat fünf weiße Streifen an den Hinterbeinen. Das Ende der Hinterbeine ist weiß und ein weißer Längsstreifen ziert auch den vorderen Rücken. Foto: Achim Keller

Freiburg ist einer der warmen Orte in Deutschland, wo sich die Asiatische Tigermücke besonders wohl fühlt und entsprechend vermehrt. Auch der Stadtteil Herdern ist hier besonders betroffen. Christopher Huck ist Projektleiter der Tigermückenbekämpfung des wissenschaftlichen Unternehmens  ICYBAC – biologische Stechmückenbekämpfung GmbH, die von der Stadt Freiburg beauftragt wurde, um die invasive Tigermücke einzudämmen. Denn die tagaktive Stechmücke schränkt nicht nur die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger ein, sondern sie gilt darüber hinaus auch als potenzielle Überträgerin diverser Tropenkrankheiten.  

Wie wird man Tigermücken-Bekämpfer für Freiburg?

Christopher Huck: In so einen Beruf rutscht man rein. Ich habe in Freiburg Umweltnaturwissenschaften studiert und war bereits als Student immer berufstätig.

Was sagen Sie auf einer Party, wenn Sie nach Ihrem Beruf gefragt werden?

Christopher Huck: So etwas versuche ich eher zu vermeiden, um nicht alles erklären zu müssen. Wir führen jeden Tag 20 bis 30 Gespräche, da müssen wir uns immer wiederholen. Meist sage ich, dass ich von der Tigermückenbekämpfung der Stadt Freiburg bin. Manchmal aber auch einfach, ich sei Biologe, um das alles abzukürzen.

In Freiburg werden in den Rathäusern inzwischen kostenlos Bti-Tabletten (Bacillus thuringiensis israelensis) für die Regentonnen zur Tigermücken-Bekämpfung angeboten. Was genau hat es damit auf sich? 

In jedem noch so kleinen, feuchten Unterteller unter Pflanztöpfen können sichTigermücken- Populationen bilden, erklärt Christopher Huck, der zuständig ist für die Tigermücken-Bekämpfung in Freiburg. Foto: Achim Keller

Christopher Huck: Das ist der gleiche Wirkstoff, der auch zur Schnakenbekämpfung am Rhein eingesetzt wird. Es ist ein reines Protein, das aus einem Bodenbakterium gewonnen wird, das nur spezifisch im Darm der Stechmücken-Larven wirken kann, nicht aber in unserem Körpersystem. Man kann mit dem behandelten Wasser weiter problemlos die Pflanzen gießen. 

Seit wann ist die Tigermücke zu einem Problem in Freiburg geworden?

Christopher Huck: Die Tigermücken gibt es seit 2015 an den Raststätten und seit 2017 in Freiburg und in Heidelberg. 

Erstmals wurde sogar bereits 2007 eine Tigermücke entdeckt, an der Autobahnraststätte Weil am Rhein. Damals wurde gesagt, dass die Mücken über Lastwagenreifen eingeschleppt werden.

Christopher Huck: Es gibt die langen und die kurzen Einschleppungswege. In Albanien und Italien konnte man bereits vor 30 Jahren nachweisen, dass sich Mücken- Eier und -Larven in Altreifen in Containern auf Schiffen finden. Die Altreifen wurden in riesigen Containern aus den USA und China nach Europa gebracht. Zu den kurzen Einschleppungswegen gehört dagegen beispielsweise die A5, aber auch jeder Tourist in seinem PKW.

Normalerweise geht man ja davon aus, dass die Mücken über den Winter absterben. Aber nun ist zu lesen, dass die Tigermücken-Eier sehr trocken- und kälteresistent sind. Demnach schlüpfen sie erst dann nicht mehr, wenn es über eine längere Zeit minus zehn Grad hat. Nun haben wir derzeit sommerliche Temperaturen, verlängert sich die Mückenzeit also? 

Christopher Huck: Es gibt drei Schlupfreize: die Temperatur, die Überschwemmung der Eier und – ganz wichtig – die Tageslänge. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen braucht es 13 Stunden Tageslicht, damit die Mückenlarven schlüpfen können. Wir sind aber jetzt schon weit darunter. 

Nun sind die Tigermücken offensichtlich sehr anpassungsfähig, wäre es also denkbar, dass wenn es dauerhaft länger im Jahr warm bleibt, die Tigermücke mit den reduzierten Lichtstunden zurecht kommt?

Christopher Huck: Das ist eine interessante Frage. So viel ich weiß, ist das im Moment nicht möglich. Aber die Tigermücken, die hierzulande etabliert sind, haben sich über die Generationen tatsächlich genetisch schon an den Rhythmus angepasst. Es gibt einen europäischen Stamm und einen südostasiatischen, beispielsweise indonesischen. Aber sicher ist, auf unseren Kontrollgängen haben wir jetzt bei uns keine Larven mehr gefunden.  

Christopher Huck und seine Kollegin Marlene Reinbold beraten Freiburger Bürgerinnen und Bürger, was gegen die Verbreitung der Tigermücke getan werden kann. Foto: Achim Keller

Deutschlandweit ist Baden-Württemberg ein starkes Verbreitungsgebiet für Tigermücken, und in Freiburg ist Herdern ein Stadtteil, wo es besonders viele dieser Stechmücken gibt. Wie kommt das?

Christopher Huck: Auch im Rieselfeld gibt es große Tigermücken-Populationen sowie inzwischen leider auch in St. Georgen, wo ich wohne. Das ist klimatisch abhängig. Wo wir aber noch keine haben ist Littenweiler. In Kappel kommt die japanische Buschmücke vor, da sie an die Waldnähe angepasst ist. Aber Brutstätten gibt es überall. In Herdern haben wir dieses Jahr erstmals in einer Grabvase auf dem Friedhof Tigermücken-Larven entdeckt. Aber ich kann Ihnen sagen, dass jeder einzelne Anwohner dort irgendetwas hat, was der Tigermücke ermöglicht sich zu verbreiten. Hinzu kommt der Faktor der Gullys. In den alten Stadtteilen – und dazu gehören Herdern, Brühl und Zähringen –  gibt es Nassgullys, in denen immer das Wasser steht,  während es im Rieselfeld nur Trockengullys gibt. Generell kann man aber sagen, sobald eine offene Regentonne da steht, hat man eine Plage. 

In Südostasien überträgt die Tigermücke unter anderem das Dengue-Fieber. 

Christopher Huck: Gerade vor kurzem haben mir Leute aus Südamerika und dem Irak gesagt, dass es auch bei ihnen ganz schlimm sei mit dem Dengue-Fieber.

Bei uns gibt es bis dato aber noch nicht den Fall, dass ein Dengue-Fall durch eine Tigermücke in Deutschland verursacht wurde?

Christopher Huck: Richtig. Wir sprechen von bodenständiger Übertragung. Das ist in Deutschland noch nicht passiert. Es gibt in Südfrankreich erste Fälle, so viel ich weiß, und in Italien, aber bei uns noch nicht.

Ist das nur eine Frage der Zeit im Anbetracht des Klimawandels?

Christopher Huck: Das kann ich nicht sagen. Die Voraussetzungen dafür steigen mit der zunehmenden Tigermücken-Populationsdichte. Die Mücken transportieren die Viren wie ein Taxi in ihrem Körper. Damit sich die Viren vermehren müssen die Temperaturen hoch sein und muss die Mücke mehrmals verschiedene Personen stechen.  

Präventiv sollte man dann ab April aktiv werden?

Christopher Huck: Genau. Aber es wäre auch wichtig, zum Winter hin die Eier der Tigermücken zu entfernen, indem man die Regentonnen ausleert und ausbürstet und dann ausspült. Eine Tigermücken-Population baut sich durch verschiedene Generationen auf ab April – wir haben pro Jahr bis zu sechs Generationen – und so kann man die erste Generation klein halten. Sonst wird die letzte Generation im August oder September riesig. Wenn jeder das machen würde, dann hätte die Tigermücke wenig Chancen sich so zu verbreiten. Aber natürlich sind da auch die Gullys, die ja nicht ausgeschrubbt werden. 

Reicht es, die Regentonnen tüchtig zu bürsten oder sollte man auch Spülmittel verwenden? 

Christopher Huck: Mechanisches Ausbürsten reicht, die Eier haften ziemlich gut an der Oberfläche der Tonnen. Dann ausspülen und das Wasser nicht in die Kanalisation auskippen, sondern einfach in den Garten schütten!  

Was gegen die Stechmücken zu tun ist

Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) ist eine etwa sechs Zentimeter große Stechmückenart, die aus Asien stammt und in ganz Südeuropa verbreitet ist. Sie sind intensiv schwarz gefärbt und weisen eine auffällige silberweiße Musterung auf. An den Hinterbeinen haben sie fünf weiße Streifen, am Ende der Beine befindet sich, wie auch auf dem Scheitel ein weißer Streifen. Das Risiko einer Krankheitsübertragung durch die Tigermücken mit Dengue-, Chikungunya oder Zika-Viren wird aktuell in Deutschland als gering eingestuft. Anders als die meisten anderen Stechmücken sind Tigermücken auch tagsüber aktiv. Die Mücken legen ihre Eier in stehenden Gewässern ab, dort entwickeln sich die Larven, aus denen dann innerhalb von fünf bis14 Tagen die Stechmücken schlüpfen. Tigermücken legen ihre Eier auch in kleinste Wasseransammlungen, wie beispielsweise Untersetzer, wassergefülltes Kinderspielzeug, Eimer, Gießkannen, Blumentöpfe, verstopfte Regenrinnen, Baumbewässerungssäcken und in Regentonnen. Die Eier überstehen Trockenheit und kalte Winter. Gartenteiche mit Fischen und Molchen sowie fließendes Gewässer sind keine Brutstätten. Gechlorte Pools ebenfalls nicht. In Vogel- und Wildtiertränken sollten alle drei bis fünf Tage das Wasser gewechselt und die Gefäße gründlich gereinigt werden. Im Winter Gießkannen, Eimer, Blumenkübel, Untersetzer und Regentonnen ausbürsten. Von April bis September monatlich eine Bti-Protein-Tablette in die Regentonne geben. Die Bti-Tabletten sind ungiftig und kostenlos erhältlich im Rathaus Innenstadt, im Rathaus Stühlinger und bei der Ortsverwaltung Opfingen.

Projektleitung Freiburg Tigermückenbekämpfung:
Christopher Huck
Telefon: +49 157 58168798
chrishuck@icybac.de