„Man braucht nicht die Raketentechnik“, Interview mit Carolina Kreuz

Die Energieberaterin Carolina Kreuz macht sich für regenerative und umweltschonende Heiz- und Energieanlagen stark. Sie berät Hausbesitzer individuell, welche Maßnahmen jetzt Sinn machen und Geld sparen.

Energieberaterin Carolina Kreuz (Foto: Achim Keller)
Energieberaterin Carolina Kreuz (Foto: Achim Keller)

Die Preise für Öl und Gas schnellen in die Höhe, die Klimakrise wird immer greifbarer. Für viele Hausbesitzer stellt sich spätestens jetzt die Frage, ob der richtige Zeitpunkt für den Austausch der alten Heizanlage gekommen ist – und wenn ja, wie stattdessen Wärme und vielleicht auch Energie erzeugt werden soll. Ein Gespräch darüber mit der Freiburger Energieberaterin Carolina Kreuz. Die Betriebswirtin und gelernte Anlagenmechanikerin mit Schwerpunkt Gebäudesystemtechnik ist nicht dafür, unbedingt gleich alles herauszureißen, sondern erst einmal  die vorhandene Anlage und Haussituation zu verbessern. 

Eine Familie hat im Keller eine funktionierende Gas- oder Ölheizung. Wäre es sinnvoll, angesichts der steigenden Preise und der Klimakrise, die Heizungsanlage rauszuschmeißen?

Carolina Kreuz: Natürlich muss man das Alter der Heizung berücksichtigen oder ob sie bereits Probleme verursacht. Wenn die Anlage ein Problemfall ist, würde ich sie sanieren. Wenn nicht, kann man selbst bei einer älteren Öl- oder Gasheizanlage so einiges einsparen.

Was kann man beispielsweise ändern?

Carolina Kreuz: Man sollte den hydraulischen Abgleich berechnen und einstellen (die Komponenten der Heizungsanlage – also Heizkörper, Thermostatventile, Pumpen und Rohre werden dabei optimal aufeinander abgestimmt; Anm.d.Red.), auf eine geregelte Heizungspumpe achten und auf einen Trinkwasserspeicher verzichten, stattdessen beispielsweise einen Pufferspeicher mit Frischwasserstation einbauen. Diese drei Maßnahmen, wenn sie fachgerecht miteinander gekoppelt sind, sparen schon rund ein Drittel Energie. Diese Grundsteine werden später sowieso gebraucht, wenn mal eine Wärmepumpe oder Pelletheizung  eingebaut werden soll, und können sowohl gleich als auch zu einem späteren Zeitpunkt mit einem anderen Heizsystem verwendet werden.

Wie stehen Sie zu Pelletheizungen? Sind die nach wie vor ökologisch gut vertretbar?

Carolina Kreuz: Wir haben eigentlich viel Totholz in den Wäldern, was dafür verwendet werden kann. Die Sägespäne werden gepresst und bei dem Pressvorgang tritt das natürliche Harz aus, das wiederum die Pellets versiegelt. Man muss natürlich darauf achten, woher die Pellets kommen. Denn selbstverständlich ergibt es keinen Sinn, wenn man sie aus China oder Kanada importiert. Ich würde da bei meinem Lieferanten nachfragen, denn darin unterscheidet sich die Qualität der Pellets.  

Heißt das, Pellets sind die Heizmethode, die Sie klar empfehlen würden?

Carolina Kreuz: Nicht unbedingt. Oft hört man ja, Wärmepumpen könne man bei älteren Häusern nicht einsetzen, weil diese keine Fußbodenheizung haben. Doch je älter die vorhandenen Heizkörper sind, umso besser eignen sie sich dafür. Denn die großen, gerippten Heizörper aus Stahl- oder Gussglieder haben sehr viel Volumen. Die modernen Blechheizkörper dagegen nur wenig. Ich würde erst einmal eine Heizlastberechnung vornehmen, um herauszufinden, was das Haus überhaupt braucht. Dabei werden auch gleich die vorhandenen Heizkörper mit aufgenommen. Dann schaue ich mir das in einer Modellsimulation an. Wenn ein Hausbesitzer beispielsweise sowieso vorhat, im darauffolgenden Jahr noch die Fenster zu erneuern und das Gebäude damit dichter zu machen, läuft eine Wärmepumpe vielleicht in den ersten zwei Jahren zu viel, aber das regelt sich dann später mit den weiteren Sanierungen herunter.  Bei Gebäuden der vorletzten Jahrhundertwende, wie es sie zum Beispiel in Herdern oder in der Wiehre gibt, würde ich vielleicht lieber zu den Pellets tendieren, denn dort ist auch ausreichend Lagerraum im Keller. 

Müssen ältere Häuser gut isoliert sein, damit sich eine Wärmepumpe lohnt?

Carolina Kreuz: Sie verbraucht dann halt eben Energie.  Aber im Kalten sitzt man deshalb nicht. 

Dann verbraucht man derweil mehr Strom?

Carolina Kreuz: Genau. Aber den Strom könnte man ja wiederum über eine Photovoltaikanlage herstellen, die wiederum im Winter nicht so gut läuft wie im Sommer oder in den Übergangszeiten, aber das ist dann eben das Restrisiko, das man tragen muss. Die Anlage würde dann beispielsweise von März/April bis September/Oktober autark laufen, nahezu ohne Strom vom Netz für die Wärmepumpe. Aber von Oktober/November bis März würde man dafür dann etwas mehr ausgeben.  

Können moderne Solaranlagen nicht auch bei weniger Sonnenlicht produktiv sein?

Carolina Kreuz: Das ist Standard. Eine Solaranlage bereitet warmes Wasser, die Photovoltaik (PV-Anlage) erzeugt Strom. Und die haben Schwachlichtverstärker eingebaut und arbeiten mit dem Blaulichtanteil, also der diffusen Strahlung. Die Anlagen produzieren also eigentlich jeden Tag, selbst bei Nebel. Oftmals kann man an einem klaren Wintertag das meiste aus diesen Anlagen herausholen. 

Heißt das, wenn jemand ein nicht optimal ausgerichtetes Dach hat, lohnt sich eine PV-Anlage dennoch?

Carolina Kreuz: Es gibt fast gar keine ungeeigneten Dächer. Mittlerweile installiert man die Anlagen auch auf Norddächern. Man kann das  aber auch das per Simulation überprüfen. Man nimmt das Haus mit seiner Dachneigung, dann werden in dem Modell PV-Module virtuell verlegt und die lokalen Wetterdaten berücksichtigt. So kann man für alle Monate sehen, welche Erträge ungefähr zu erwarten sind. 

Nach wie vor ist es ja schwierig, auf denkmalgeschützten, einsehbaren  Dächern Solaranlagen zu installieren. Glauben Sie, das bleibt so?

Carolina Kreuz: Da muss man mit dem Denkmalamt Rücksprache halten. Diese Gesetze sind aus den 1980er-Jahren. Meiner Meinung nach muss man da umdenken, denn der Umweltschutz sollte jetzt im Vordergrund stehen. Deshalb muss man mit der jeweiligen Behörde darüber sprechen. Ich habe momentan einen solchen Fall in der Innenstadt. Dort läuft alles mit Strom. Das Haus verbraucht 25.000 Kilowatt Strom im Jahr für Heizung und Warmwasser. 

Es gibt ja auch Kombi- oder Hybridmodule, die sowohl Strom wie auch warmes Wasser erzeugen?

Carolina Kreuz: Eigentlich braucht man das ja nicht unbedingt, weil man ja mit dem Strom warmes Wasser erzeugen kann. Eine thermische Solaranlage liefert im Sommer heißes Wasser, aber im Winter eben leider zu wenig. Außerdem sollte diese wenn möglich auf der Südseite installiert werden, weil sie die direkte Strahlung braucht. Das ergibt sicherlich Sinn, wenn im Sommer ein Pool aufgeheizt werden soll. Ansonsten würde ich den Platz auf dem Dach immer für eine PV-Anlage reservieren. 

Der Einbau einer Öl- oder Gasheizung als alleiniges Heizungsgerät soll in Deutschland ab 2025 nicht mehr möglich sein, da jede neue Heizung dann mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden muss. Heißt das, es wäre geschickt, eine Änderung der Heizanlage möglichst noch vor 2025 in Angriff zu nehmen?

Carolina Kreuz: Dazu will ich nichts sagen, denn diese Regelungen können sich immer wieder ändern.  

Was halten Sie von Blockheizkraftwerken?

Carolina Kreuz: Das ist eigentlich meine Lieblingstechnik. Allerdings laufen die BHKWs mit Gas. Bei einem Ein-bis Zweifamilienhaushalt eignet sich dann eher eine Brennstoffzelle. Aber letztlich denke ich, mit einer PV-Anlage plus Wärmepumpe und den vorhin besprochenen Grundmaßnahmen kommt man auch schon weit. 

Was kann man an seiner alten Heizanlage noch verbessern?

Carolina Kreuz: Oft braucht man gar nicht die Raketentechnik im Keller. Beispielsweise der Trinkwasserspeicher:  Das ganze Volumen wird immer auf 60 Grad erhitzt, um Legionellen vorzubeugen, aber so heißes Wasser verwendet man im Haushalt ja nicht.  Da kann man mit einer Frischwasserstation arbeiten, die hat in der Regel nur drei Liter Inhalt. Das Umstellen der bestehenden Heizanlage auf eine gute Basis kostet 10.000 bis 15.000 Euro, wovon man 20 bis 25 Prozent vom Bafa wieder bekommt, damit ist schon mal eine gute Basis geschaffen. Oftmals ist in den Häusern noch Steinzeittechnik im Einsatz. 

Auch die kleinen Verbesserungsschritte bringen also schon einiges?

Carolina Kreuz: Natürlich ist jede neue regenerative Heizanlage, die eine alte Öl- oder Gasheizung ersetzt, ein Erfolg, auch schon vor dem Krieg in der Ukraine. Mein Vater hat nie andere Technik als erneuerbare eingebaut. Ich bin mit dieser Überzeugung aufgewachsen. Schon immer hat Öl blutige Konflikte verursacht. Ich bin froh, dass es nun ein Umdenken gibt, aber es kommt spät. Das ist ein Aufwachen mit der Faust im Gesicht. 

Was erhoffen Sie sich an technologischen Fortschritten für die Energieerzeugung?

Carolina Kreuz: Ich hoffe auf die Power-to-Gas Technologie. (Elektrische Energie zu Gas, eine Technologie, bei der mittels Wasserelektrolyse und Strom ein Brenngas hergestellt wird, das auch gespeichert werden kann; Anm.d.Red.) Vielleicht wird man dafür künftig das vorhandene Pipelinenetz verwenden können.  

Wie lange muss man veranschlagen, wenn man eine Änderung seiner Heizanlage anstrebt?

Carolina Kreuz: Während ich Berechnungen anstelle, kann sich der Hausbesitzer schon mal auf Handwerkersuche begeben. Dann werden erste Ergebnisse und die Angebote besprochen.  Anschließend werden die Fördermittel beantragt. Und dann hat der Handwerker noch mal eine gewisse Vorlaufzeit, bis er die neue Anlage einbauen kann. Wenn ich vor Ort sehe, die Haustüre, die Kellertüre, die Fenster oder das Dach sind energetische Schwachstellen, beispielsweise bei einem Haus aus den 50ern, kann man erst einmal diese Sanierungen angehen, das läuft auch meist zügiger. Und man hat auch schon einen Energiespareffekt.

Energieberatung Carolina Kreuz
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