Adieu, liebes Hotel Schiller. Interview mit Taia Arabuli

Das Hotel Schiller wird bald schließen, denn die Betreiber, das Ehepaar Taia Arabuli und Irakli Dvali werden in ihre georgische Heimat zurückkehren. Aus dem Hotel wird ein Obdachlosenheim.

Bild: Achim Keller

Zum Ende dieses Jahres wird das alte Hotel Schiller in der Hildastraße schließen. Die Betreiber, das Ehepaar Taia Arabuli und Irakli Dvali,  werden zurück in ihre ursprüngliche Heimat nach Georgien gehen, um dort ein Hotel zu eröffnen. Vor einem Jahr wurde bereits das Restaurant des Hotels geschlossen. Ab kommendem Frühjahr sollen hier dann Obdachlose untergebracht werden, die Stadt hat das markante Gebäude für zehn Jahre angemietet.

Sie müssen für einige Tage alleine das Hotel managen, ihr Mann ist gerade für Umzugsvorbereitungen in Tiflis. In Kürze werden Sie beide 36 Jahre alt und haben 13 beziehungsweise 15 Jahre in Deutschland gelebt.  Wird Sie ein anderes Georgien erwarten?

Taia Arabuli: Wir haben ein bisschen das Gefühl, als müssten wir wieder ganz von vorne anfangen und dort alles neu kennenlernen, obwohl es unsere Heimat ist. Dort hat sich wirklich sehr vieles geändert. Aber zum Guten, sonst würden wir diesen Schritt auch gar nicht wagen.  Wir hatten immer dieses Ziel vor Augen, dass wir irgendwann dort hin zurückkehren. Und da unsere Tochter jetzt in die Schule gekommen ist, fanden wir den Zeitpunkt passend. Für sie wäre es später wahrscheinlich schwieriger geworden.

Wieso hatten Sie und Ihr Mann sich überhaupt eine Rückkehr zum Ziel gesetzt?

Taia Arabuli: Wir haben beide in Georgien studiert, da kannten wir uns aber noch gar nicht. Wir haben uns erst in Deutschland kennengelernt (lacht). Ich habe Tourismus studiert, mein Mann Deutsch als Fremdsprache. Wir kamen dann beide hierher, um uns weiterzubilden. Wir haben dann eine Hotelfachfrau- und Hotelfachmann-Ausbildung absolviert, hier im Hotel Schiller. Danach haben wir hier zweieinhalb Jahre lang als Angestellte weiter gearbeitet. Als der frühere Pächter sich zur Ruhe setzen wollte, fragte er uns, ob wir das Hotel übernehmen würden, und wir stimmten zu. Das war 2017.

Haben Sie damals viel verändert im Hotel?

Taia Arabuli: Eigentlich nicht viel. Wir haben alles etwas aufgefrischt, aber die Einrichtung haben wir so belassen. Das Hotel hatte einen solch riesigen Charme, da musste man nichts verändern. Wir finden es wunderschön.

Und trotzdem wollen Sie es aufgeben und zurück nach Georgien. Wieso?

Taia Arabuli: Das Heimweh, das ging einfach nicht weg, es ist immer da. Unsere Eltern und Geschwister sowie auch viele Freunde leben dort. Außerdem möchten wir in unserem Herkunftsland etwas aufbauen mit der Erfahrung und Weiterbildung, die wir hier sammeln konnten. Vielleicht können wir dort auch anderen wieder etwas beibringen, denn Gastronomie auf diesem hiesigen Niveau mit deutscher und europäischer Küche gibt es in Georgien erst seit zwei oder drei Jahren, das kommt erst so langsam. 

Sie hatten im Hotel Schiller auch ein Restaurant betrieben, das Sie aber Ende vergangenen Jahres geschlossen haben.

Taia Arabuli: Ja, das gab es so nicht, bevor wir das Hotel übernommen haben, das hatten wir eröffnet. Davor hatte das Restaurant nur jeweils für einige Monate hin und wieder einen Pächter, das klappte aber nicht so gut. Wir haben es dann selbst übernommen, mit einem Koch, der ein Freund von uns ist.

Wenn Sie wissen, dass es das Hotel Schiller so bald nicht mehr geben wird, blutet Ihnen da nicht das Herz?

Taia Arabuli: Oh ja, das rührt mich zu Tränen! Wenn ich mir vorstelle, dass ich dann irgendwann nach Freiburg kommen und hier vorbeilaufen werde und es das Hotel so nicht mehr gibt, das ist furchtbar traurig.

.Das Hotel Schiller wird in seiner traditionellen Art sicherlich auch vielen Gästen fehlen?

Taia Arabuli: Das wird uns oft gesagt, ja. Wir hatten Stammmkunden, die kamen jedes Wochenende zum Essen in unser Restaurant. Und die sagten uns, „endlich haben wir so einen gemütlichen und schönen Ort gefunden“. Es war fast eine familiäre Atmosphäre. Es ist alles sehr schade.

Doch der Wunsch nach Georgien zu zurückgehen, ist stärker als das Bedauern?

Taia Arabuli: Der wichtigste Punkt, der uns zu diesem Entschluss bewogen hat, war unsere Tochter. Wenn man in dieser Branche selbstständig tätig ist, dann nimmt das so viel Zeit und Energie in Anspruch, da bleibt fast keine Zeit mehr für die Familie. Sie hat sich immer beschwert, dass wir kein Wochenende frei haben. Irgendwann haben wir gedacht, sie wird groß und wir bekommen gar nichts von ihr richtig mit. Als wir uns fragten, wie geht es weiter, haben wir uns für die Familie entschieden.

Wird es denn mit einem Hotel in Tiflis anders?

Taia Arabuli: Es ist dort nicht so schwer zuverlässiges Personal zu finden wie hier. Wir wollen unser Personal dort selbst ausbilden und uns damit dann auch mehr Zeit für die Familie schaffen.

Haben Sie in Tiflis ein konkretes Hotel, das Sie übernehmen wollen, in Aussicht?

Taia Arabuli: Nein, noch nicht. Wir haben ungefähre Vorstellungen, was wir suchen. Aber das braucht etwas Zeit. Wahrscheinlich wird das erst in einem Jahr klar sein. Schön wäre, wenn wir es schaffen würden, dort die Richtung des Hotels und Restaurants Schiller zu behalten, das wäre unser Wunsch. Wir wollen das in Tiflis auch mit unserem früheren Koch machen.  Er wird aber noch ein Jahr in Deutschland bleiben, um sich weiter zu entwickeln.  Aber er ist so gut, dass wir ihm gesagt haben, ohne ihn machen wir das nicht.

Wann ist der allerletzte Tag, an dem die letzten Gäste das Hotel verlassen müssen?

Taia Arabuli: Das wird wahrscheinlich der 1. Januar sein, denn wir haben noch Gäste, die Ende Dezember kommen und erst am 1. Januar wieder auschecken. Dann ist Schluss.