Smarte Spione im Blechmantel

Gerne würdest du deinem Hund sagen, er soll Spione fassen. Doch wenn die nicht nach Gefahr riechen, dann bellt er nicht einmal. Für ihn ist ein Auto am Wegesrand halt nur ein Ding.

Du gehst am Abend also nochmal mit dem Hund raus. Ein schöner Weg an einem Bach entlang. Es ist schon dunkel, die Laternen spenden nur spärlich Licht. Macht ja nichts, denn dein Hund ist groß und kräftig. Er würde dich sowieso warnen, wenn etwas seltsam wäre. Und dann kommt der Blitz. Nein, das ist kein Wetterphänomen, sondern es ist der Tesla, der rechts am Wegrand geparkt ist.  Du denkst, dass da einer drin sitzt. Aber kein Mensch weit und breit, auch nicht in dem Auto. Und der Tesla sendet weiter Blitze als wäre das ein Augenzwinkern. Wenn ein Mitmensch dich einfach so mit dem Handy filmen würde, könntest du ja sagen: „Lassen Sie das bitte sein!“ Aber was sollst du zu einem Auto sagen, das dir Lichtzeichen gibt? Dein Hund reagiert auch nicht darauf. Für ihn ist das nur so ein Ding am Wegesrand.

Es ist der sogenannte Wächtermodus in den Fahrzeugen. Ist er aktiviert, laufen die Sensoren und Kameras des Autos weiter, auch wenn es geparkt ist. Eigentlich eine praktische Funktion für jeden, der sich schon einmal über Kratzer an seinem Auto geärgert hat. Doch Datenschützer und Sicherheitsbehörden weltweit sind alarmiert, verwandelt die Technik die Autos doch in fahrende Überwachungskameras und Wanzen. Tesla ist nicht der einzige Hersteller mit einer entsprechenden Funktion: Auch deutsche und chinesische Autobauer bieten Dienste an, mit denen sich genauestens aufzeichnen und teilweise sogar live beobachten lässt, was im und ums Fahrzeug passiert.

Also klar, du bildest dir jetzt nicht ein, dass Herrchen und Hund davon einen gravierenden Nachteil haben könnten. Aber was ist, wenn Autos gezielt ihre Aufnahmen dort machen, wo es wirklich etwas zu beobachten gibt? Lässig geparkt vor wichtiger Infrastruktur. Die Autos sind längst rollende Spione im Blechmantel. Die Daten, die dabei gesammelt werden, können auf Server von Geheimdiensten abfließen. Da sind  chinesische Heißluftballons ja nix dagegen, die US-Präsident Biden dann abschießen lässt.   

Die Autos sind ja überall und somit viel unauffälliger wie weiße Ballons am Himmel. China hat Tesla vielfach die Zufahrt verboten. Zivile Flughäfen, auch Krankenhäuser, Konferenzzentren und inzwischen sogar ganze Städte sind No-Go-Zonen für die Autos des US-Herstellers.  Umgekehrt hat die US-Regierung ebenfalls  Schritte ergriffen, um chinesische „smart cars“ nicht auf dortige Straßen zu lassen. In Europa, wo bereits Hunderttausende chinesische Autos fahren, sind mal wieder alle blauäugig.

Gerne würdest du deinem Hund sagen, er soll Spione fassen. Doch wenn die nicht nach Gefahr riechen, dann bellt er nicht einmal.