Politische Lausbuben brauchen Basta!

Bundeskanzler Olaf Scholz musste seine Richtlinienkompetenz nutzen, um den infantilen Streit zwischen seinen Ministern Lindner und Habeck zu beenden. Wichtige Fakten wurden ignoriert.

Der Kanzler ist wahrlich nicht zu beneiden. Wie immer er es macht, kommen prompt die Vorwürfe, dass er es doch bitteschön ganz anders hätte machen sollen. In der unsäglichen Politshow seiner Minister Lindner und Habeck bezüglich der Frage, wie lange die deutschen Atomkraftwerke noch weiter laufen sollen, hat man Olaf Scholz zunächst lange vorgeworfen, dass er keine Entscheidung herbei führe. Als er das Thema dann per Brief mit seiner Richtlinienkompetenz abgeräumt hat, hieß es: Das ist ja Basta-Politik, igitt! Dabei ist er ja nicht Schuld daran, wenn zwei erwachsene Politiker sich einen geradezu infantilen Kleinkrieg lieferten und dabei den Kanzler geradezu nötigten, dieses Drama mit einem Machtwort zu beenden. Eine Kritik allerdings ist angebracht: Olaf Scholz schaute bei seiner Entscheidung mehr auf die Gefühlslage seiner ungezogenen Bengels und weniger auf die Fakten bezüglich des Weiterbetriebs. Wie ein Familienvater halt, der die Doofheiten seiner Söhne irgendwie entschärfen muss.

Wochenlang haben die Ampel-Koalitionäre über AKW-Laufzeiten gestritten. Dann hat Kanzler Scholz entschieden, dass alle drei verbleibenden Atomkraftwerke bis Mitte April 2023 weiterlaufen sollen. Zuvor gab es im Kanzleramt selbst übers Wochenende sogenannte „Krisentreffen.“ Da saßen also Finanzminister und FDP-Chef Christian (Moritz) Lindner, Wirtschaftsminister und grüner Guru Robert (Max) Habeck mit Kanzler Olaf Scholz Stunden über Stunden zusammen und konnten sich doch nicht auf eben den Minimalkonsens einigen, den Scholz dann später mit einem Basta bestimmen musste. Umgekehrt gesagt: Die beiden Minister muteten dem Kanzler zu, sich mit einem Machtwort ins Risiko zu begeben, nur weil sie zu stur waren, das als Kompromiss zu vereinbaren, was beide dann hinterher als akzeptabel darstellten. Das ist, mit Verlaub, tatsächlich das Verhalten von politischen Lausbuben. Papa soll es richten, und wenn es dann später schiefgeht, dann steht er ja in der Verantwortung.

Der Streit war von der FDP ausgegangen, die nach der erneuten Wahlklatsche in Niedersachsen (siehe Seite 13) mal wieder ihre Rolle in der Ampel beklagte und „Positionslichter“ setzen wollte. Na ja, ein sinkender Kahn, der SOS funkt. Könnte eigentlich wurscht sein, aber Olaf Scholz braucht seine Ampel-Koalitionäre nun mal, um an der Regierung zu bleiben. Die FDP zeigte sich dann auch mit dem Machtwort des Bundeskanzlers zufrieden. „Der Vorschlag“ des Kanzlers, alle drei verbliebenen AKWs im Lande bis Mitte April 2023 weiterlaufen zu lassen, finde „die volle Unterstützung der Freien Demokraten“, schrieb FDP-Chef Christian Lindner bei Twitter: „Es ist im vitalen Interesse unseres Landes und seiner Wirtschaft, dass wir in diesem Winter alle Kapazitäten der Energieerzeugung erhalten.“ Das ist reinstes Blabla. Es soll übersetzt nur heißen, dass die FDP staatstragend die Wirtschaft vor der linkslastigen Ampelpolitik gerettet habe. Jetzt aber, bitte ihr liberalen Wähler, lasst die FDP bei der nächsten Landtagswahl nicht wieder an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.

Was Lindner nach der Entscheidung von Olaf Scholz als Sieg seiner Politik darstellen will, steht ja in keinem Verhältnis zu vom FDP-Chef zuvor erhobenen Maximalforderungen. Er wollte ja einen Weiterbetrieb aller AKW bis 2024, mit Anschaffung neuer Brennstäbe. Bekommen hat er nur die Hinzunahme des AKW im Emsland für ein paar Monate, da die anderen beiden ja sowieso schon bis April 2023 weiter laufen sollten. 

Um des lieben Friedens willen hat Olaf Scholz einen zwar politisch ausgewogenen Kompromiss verfügt, der aber sachlich Quatsch ist. In keinem Szenario drohte im kommenden Winter ein Problem mit der Netzstabilität im Norden. Der verfügt nämlich über massig Windkraftanlagen. Wenn der Wind kräftig bläst, müssen nun also günstiger produzierende Windkraftanlagen abgeschaltet werden, weil man das AKW im Emsland nicht nach Belieben hoch- und runterfahren kann. Sprich: Scholz hat Lindner nachgegeben, aber die Fakten ignoriert. Das genau ist nicht Führungsstärke. Da kommt Scholz in die Nähe von Lehrer Lämpel, dem Max und Moritz Streiche spielen.