Herausforderungen, Interview mit Sebastian Dahlke

In Gundelfingen ist ein weltweit erfolgreiches Familienunternehmen ansässig: Die Hermetic-Pumpen GmbH produziert Pumpen für höchste Ansprüche. Ein Gespräch mit Geschäftsführer Sebastian Dahlke.

Sebastian Dahlke, einer der Geschäftsführer des Familienunternehmens Hermetic-Pumpen in Gundelfingen (Foto: Achim Keller)

Das Gundelfinger Familienunternehmen Hermetic gehört zu den Weltmarktführern im Bereich der dichtungslosen Pumpen. Entwickelt und gefertigt werden die Produkte konsequent in Deutschland. Sebastian Dahlke ist einer der Geschäftsführer und verantwortet das Vertriebsressort. Er lebt mit seiner Familie in Vörstetten.

Sie sind seit 2017 in der Geschäftsführung von Hermetic-Pumpen und gehören in der fünften Generation zum 1866 gegründeten Familien­unternehmen. Macht Sie das irgendwie stolz?

Sebastian Dahlke: Durchaus. Es ist ja nicht üblich, dass Unternehmen über so viele Generationen in den Familien bleiben. Seit den 40er Jahren sind zwei Familien die Eigentümer des Unternehmens. Nach dem Tod meines Urgroßvaters Moritz Lederle übernahm dessen Frau Hedwig die Firmenleitung und wurde durch Hermann Krämer unterstützt. Nach dem zweiten Weltkrieg übernahm Hermann Krämer dann als Mitinhaber und Geschäftsführer die Geschicke des Unternehmens. Seit dem sind wir zwar zwei Familien, aber eine Unternehmerfamilie.

Und dann gibt es da ja noch den Namen Lederle im Unternehmenslogo?

Sebastian Dahlke: Das ist eigentlich eine Reminiszenz an die Vergangenheit. Meine Oma war die letzte geborene Lederle. Gründer der Firma war Wilhelm Lederle. 

Und der Lederle-Platz im Stühlinger erinnert wiederum an diese Zeit der Pumpenfabrik dort?

 Sebastian Dahlke: Genau. Dort war die Firma, bevor sie nach Gundelfingen umgezogen ist, direkt hinter dem Bahnhof. Und der Brunnen – man kann ihn schön finden oder auch nicht (lacht) – steht im Andenken an die Firma da.

Nun ist Hermetic ja kein kleines Unternehmen, in Gundelfingen sind rund 400 Mitarbeitende beschäftigt,  weltweit 730. Dennoch scheint Gundel­fingen für Sie gut zu passen? 

Sebastian Dahlke: Das hat man ja tatsächlich oft in Deutschland, dass sich der Mittelstand oftmals in den kleinsten Ortschaften finden lässt, von wo aus die Produkte in die Welt getragen werden. Wir bekennen uns zu unserem Standort und haben in den vergangenen Jahren hier massiv investiert, rund 25 Millionen in den letzten sechs bis sieben Jahren. 

Unter anderem 2017 in eine neue Produktionshalle.

Sebastian Dahlke: Genau. Die neue Produktionshalle ist das Kernstück der Investitionen.  Die Halle beinhaltet auch eine neue Lackierstraße mit zwei Großlackierkabinen und Lackierstraße für kleine Teile und Pumpen sowie unseren Prüfstand.  Dieser Prüfstand ist auch ein Familienprojekt. Mein Vater hat da mitgewirkt, ebenso Stefan Krämer, einer unserer Gesellschafter und Bruder meines Mitgeschäftsführers sowie deren Vater. Der Prüfstand ist bei uns wichtig, weil jede Pumpe, die das Haus verlässt, hier geprüft wird, ob sie ihre Förderdaten erfüllt und ob sie 100 Prozent dicht ist. Das muss definitiv gewährleistet sein, denn wenn Förderflüssigkeit austreten würde, wäre das mehr als kritisch.  

Die Spezialität von Hermetic sind sogenannte Spaltrohrmotorpumpen, die eben völlig dicht sind. Weshalb ist das so entscheidend wichtig?

Sebastian Dahlke: Diese Pumpen fördern Flüssigkeiten, die definitiv nicht in die Atmosphäre gelangen sollen, beispielsweise weil sie hochgiftig sind. Das verflüssigte Gas Phosgen wird beispielsweise für die Produktion von Schaumstoff eingesetzt. Wenn der Mensch das Gas jedoch einatmen würde, wäre es tödlich. Deshalb werden Spaltrohrmotorpumpen in der chemischen Industrie, auch in der petrochemischen Industrie sowie in der Energie- oder Kältetechnik eingesetzt, damit nichts in die Atmosphäre gelangen kann. Denn diese Flüssigkeiten sind nicht nur toxisch, sondern auch hochexplosiv. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, sind alle unsere Produkte nach den geforderten Normen zertifiziert. 

War Chemie eigentlich Ihr Lieblingsfach in der Schule?

Sebastian Dahlke: Ich hatte durchaus Interesse an der Chemie und sogar Chemie in der Schule als Leistungskurs. Ich bin dann aber etwas aus der Reihe gefallen, da ich nicht, wie der Großteil meiner Familie Chemiker oder Ingenieur geworden bin, sondern meiner Großmutter gefolgt bin, welche früher die kaufmännische Leitung inne hatte. Nach dem Abitur habe ich Betriebswirtschaft studiert und bin Diplom Kaufmann. 

Ihr Unternehmen hat auch Niederlassungen in China und den USA, in Singapur und Ländern in Europa. Ist die weltumspannende Unternehmenskommunikation während der Pandemie schwieriger geworden?

Sebastian Dahlke: Es läuft. Optimal ist das nicht. In den USA und an den Standorten in Singapur und Europa haben wir Vertriebs­niederlassungen, in China haben wir einen Produktionsstandort. Dort produzieren wir für den gesamten chinesischen Markt und machen damit rund ein Drittel unseres globalen Umsatzes. Man kann über Videokonferenzen einiges machen, aber wenn es um strategische Fragestellung, um die Weiterentwicklung geht, ist das persönliche Gespräch nicht zu ersetzen.  

Sind Sie normalerweise regelmäßig in China gewesen?

Sebastian Dahlke: Wir haben uns in Vor-Pandemiezeiten mindesten zwei bis drei Mal pro Jahr untereinander gesehen. Ich war bis dahin viel unterwegs, für meine Familie war die Pandemie ein Segen (lacht), weil der Papa einfach mehr Zuhause ist. Ich bin auch glücklich, mehr daheim zu sein, aber meine Aufgabe ist auch eine andere. Man muss ja die strategischen Themen wie auch die Philosophie seines Unternehmens mit den internationalen Kollegen teilen und in eine gemeinsame Richtung gehen. Und das funktioniert einfach besser, wenn man mit den Menschen direkt sprechen kann. Wir haben jetzt online alle vier Wochen Konferenzen, wir sehen uns also häufiger als früher, aber eben nur digital. 

Sie sagten, ein Drittel Ihrer Pumpen werden in China hergestellt, aber Ihr Unternehmen hat 2019 eine Auszeichnung bekommen für echtes „Made in Germany“?

Sebastian Dahlke: Die Produkte, die von uns hier aus in die Welt gehen, werden hier auch komplett hergestellt. China produziert fast ausschließlich für den chinesischen Markt, mit unserem Know-How. Alles andere wird hier konstruiert und produziert und dann von Deutschland aus in die Welt exportiert. Zum Teil auch nach China.

Wieso halten Sie an der deutschen Produktion fest? Ist das ein Aspekt der Integrität oder hat es pragmatische Gründe?

Sebastian Dahlke: Wir stehen zu dem Standort Deutschland, aber pragmatisch kann man das auch sehen. Die hohen Anforderungen an Technik und Qualität benötigen eine sehr hohe Expertise bei den Mitarbeitern. Und das ist in Deutschland weiterhin ein riesen Vorteil. Die Anforderungen an unsere Produkte sind sehr spezifisch und komplex. Dies beginnt bei den einzusetzenden Werkstoffen und hört bei den spezifischen Daten der Flüssigkeiten auf. Oftmals sind unsere Produkte Prototypen, die wir explizit nach den Anforderungen der Kunden konstruieren und bauen. Damit sind wir nicht die günstigsten am Markt, aber diejenigen, welche die höchsten Qualitätsstandards erfüllen und die meisten Förderprobleme unserer Kunden lösen können.

Wo sind Ihre Pumpen überall so zu finden?

Sebastian Dahlke: Das einfachste Produkt, das wir haben, unser Standardprodukt, sind unsere Kältemittelpumpen für die industrielle Kältetechnik, welche in Großkühlhäusern, Datacentern und in der Fischerei zu finden sind. Sie stehen auch weltweit auf Fischtrawlern, wo die Fische direkt nach dem Fang verarbeitet und eingefroren werden. Oder auch in Eisstadien und in fast allen Bobbahnen der vergangenen 50 Jahren sind unsere Pumpen eingebaut.

Bei all dem Erfolg sehen Sie aber noch Möglichkeiten des Expandierens?

Sebastian Dahlke: Definitiv. Es ist ja spannend, was auf dieser Welt gerade passiert. Die Welt morgen wird nicht mehr die sein, die wir heute haben, und die heute ist auch schon nicht mehr die, die wir gestern hatten. Das sind wahnsinnige Veränderung in allen Bereichen. Unsere Kunden, wie zum Beispiel die chemische Industrie, muss zukünftig zu den Themen Nachhaltigkeit und Klimaneutralität einen großen Beitrag leisten.  Beispielsweise durch chemische Recyclingprozesse zur reduzierten Nutzung  der fossilen Rohstoffe. Man kann aus Kunststoffen statt sie nur zu schreddern, einzuschmelzen und neue Kunststoffflaschen herzustellen, auch durch moderne Verfahren sogenanntes Pyrolyseöl gewinnen, was dann als Rohstoff für eine Vielzahl chemischer Prozesse verwendet werden kann.

Werden die Möglichkeiten, um den Klimawandel anzugehen, in dieser Hinsicht genügend ausgeschöpft?

Sebastian Dahlke: Wir werden den Klimawandel nie ohne die komplette Industrie schaffen. Es reicht nicht Elektroautos auf die Straße zu bringen. Oder den Kunststoff komplett zu verbannen. Alle Branchen müssen weltweit einen Beitrag leisten. Dies funktioniert aber nicht nur mit Geboten oder Verboten. Diese sind teilweise wichtig und richtig, aber die Industrien brauchen auch Möglichkeiten sich entwickeln zu können, um Zukunftstechnologien zu schaffen. Das sind spannende Herausforderungen.

Eine der ersten Pumpen, die in der damaligen Pumpenfabrik Lederle in Freiburg im Stühlinger gebaut wurden.

Foto: Hermetic-Pumpen GmbH

HERMETIC-Pumpen GmbH
Gewerbestraße 51
79194 Gundelfingen
Web: www.hermetic-pumpen.com