Ehrlich, ohne Schlenker

Lieber gar nicht hinschauen auf das Dilemma mit dem russischen Gas. Robert Habeck überzeugt, weil er unangenehme Wahrheiten ausspricht.

Ehrlich, ohne Schlenker

Die Auftritte und Aussagen von Robert Habeck sind von maximaler Ehrlichkeit geprägt. Der Mann ist als Wirtschafts- und Energieminister ja eigentlich angetreten, um das Klima zu retten, oder mindestens einen deutschen Impuls dafür in der Welt zu setzen. Dann kam Putins Krieg. Und Habeck hat sich nicht gescheut, die unangenehme Wahrheit auszusprechen. Sowohl bei dem Schwenk der Regierung unter Scholz, der Ukraine Waffen zu liefern, wie auch bezüglich der Auswirkungen von Sanktionen gegen Russland auf die deutsche Wirtschaft und schließlich bei der Frage der Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas. 

Nachdem die Bundesregierung eine Schwenk gemacht hat und jahrzehntelange Grundsätze über Bord warf, indem man dann doch Waffen an die Ukraine lieferte, war es Robert Habeck, der im Bundestag das ehrlichste Statement dazu abgab. In der Debatte sagte Habeck, er empfinde Hochachtung vor einer „Position des unbedingten Pazifismus“. Er fügte aber hinzu: „Ich achte sie, aber ich halte sie für falsch.“ Der russische Überfall auf die Ukraine erfordere konkrete Gegenmaßnahmen. „Wer bei einer militärischen Vergewaltigung zuschaut, macht sich schuldig“, sagte der Grünen-Politiker. Mit der Zusage von Waffenlieferungen zeige Deutschland, „dass wir der Ukraine helfen in der Stunde der militärischen Vergewaltigungsnot“. Um dann noch grundsätzlicher zu werden: „Wir kommen da mit sauberen Händen nicht raus“, so Habeck. Diese Aussagen sind umso beachtlicher als es ja eigentlich gar nicht der Wirtschaftsminister ist, der sie so klar aussprechen muss, sondern auch die Möglichkeit bestanden hätte, dass Habeck sich im Rücken des zuständigen Kanzlers Scholz hätte wegducken können. 

Das ist bei seiner zweiten Ehrlichmachung anders. Diese betrifft sein Ressort als neuer Energieminister. Er wolle „einmal feststellen“, erklärte Habeck, „und das sage ich mit großem Bedauern, und ich sage es nicht freudestrahlend: dass Deutschland von russischen Energieimporten abhängig ist.“ Das stimmt, denn Deutschland steckt in einer Sackgasse, in die es sich selbst hinein manövriert hat. Von den vergangenen Bundesregierungen wurden die Energiegeschäfte mit Russland bewusst ausgebaut, von Rot-Grün (Schröder), Schwarz-Gelb und von der Großen Koalition (jeweils Merkel). Was durch den Ausstieg aus Atom und Kohle im eigenen Land wegfiel, sollte so preiswert ersetzt werden. Man war bis zuletzt so überzeugt von diesem Ansatz, dass Nordstream 2 geplant und fertig gestellt wurde.

Was in all dieser Zeit unter das trügerische Motto „Wandel durch Handel“ fiel, heißt nun für Habeck und Deutschland aktuell: Wer abhängig von russischer Energie ist,  ist somit abhängig von einem Kriegstreiber Wladimir Putin. Und ist letztlich sogar erpressbar. Mindestens ist es so, dass Deutschland mit seinen Zahlungen das Regime Putin in seinem Krieg unterstützt.

Auch diesbezüglich darf man Robert Habeck hoch anrechnen, dass er klar kommuniziert. Er macht da keine Schlenker. Er warnt vor einem starken Wirtschaftseinbruch im Fall eines Embargos für Öl und Gas aus Russland. „Wir reden dann über eine schwere Wirtschaftskrise in Deutschland und damit in Europa.“ Es gehe dann nicht darum, dass man nachts die Beleuchtung früher abdrehe, oder mal eher mit dem Fahrrad zur Arbeit fahre. „Es geht darum, dass wir Unternehmenszusammenbrüche und Arbeitslosigkeit bekommen werden.“ Man könne sagen, das sei einem der Frieden wert. „Aber man muss es dann auch durchhalten. Und wir reden hier nicht über drei Tage und auch nicht über drei Wochen, sondern – ich sage jetzt mal – über drei Jahre“, erklärte Habeck. Und weiter: „Es gibt die Gefahr, dass die europäische Wirtschaft wankt, richtig eine schwere Rezession erleidet, und wir damit die anderen Sanktionen gar nicht mehr durchhalten können“, so Habeck. Er kann das kurzfristig ja nicht ändern, auch wenn er es wollte. Er macht in seiner Wahrhaftigkeit eine gute Figur.