Der Streich bleibt hier!

„Rudi Völler. Ruuudi Völler“, hallte es durchs Stadion, nachdem er seine Rettungstat mit einem 2:1-Sieg über Frankreich vollbracht hatte und einen Bogen schloss.

Bild: Achim Keller

Ja, manchmal überstürzen sich die Ereignisse.Da hat also die Deutsche Nationalmannschaft mit 1:4 gegen Japan verloren, genauso wie kurz zuvor der SC Freiburg 0:5 in Stuttgart unterging (oder auch der FC Emmendingen in der Bezirksliga Freiburg mit 1:4 in Simonswald abgefertigt wurde). Niederlagen in solcher Klarheit werden gerne als Fiasko bezeichnet. Aber hat nicht ein gewisser Jürgen Klinsmann auch mal 1:4 gegen Italien auf die Mütze gekriegt, bevor er dann 2006 das „Sommermärchen“ ins Leben rief? Für Hansi Flick war das 1:4 gegen Japan jedenfalls das letzte Spiel als Bundestrainer. Er wurde gefeuert, was übrigens noch keinem seiner Vorgänger passiert ist. Einige sind jedoch in ähnlich kritischen Situationen von sich aus zurück getreten, etwa auch ein gewisser Rudi Völler im Jahr 2004. Irgendwie ehrt es Hansi Flick, dass er das nicht tun wollte.

Nach dem Rausschmiss von Flick schossen die tollsten Theorien ins Kraut. Die sonst stets geschätzten Kollegen von der „Süddeutschen Zeitung“ stellten etwa die These auf, dass mit Flicks Rauswurf eine Phase der Unterjochung des DFB durch die i-Dynastie ende. Die Überschrift der SZ: „Isch over. „Klinsi“, „Jogi“, „Hansi“: Mit dem Rauswurf von Flick endet die Epoche des südwestdeutschen Herrschergeschlechts in der Nationalmannschaft.“ Und die These im Text geht dann so weiter: „In der Nachfolge Jürgen Klinsmanns hat sich ein südwestdeutsches Beziehungsgeflecht übers Fußballland gelegt, das sich am Ende in sich selbst verhedderte. Aus Klinsmanns Rippe entsprang einst sein Assistent Joachim Löw, oder vielleicht kam er auch aus dem Projektköfferle gesprungen, gemeinsam mit dem Manager Oliver Bierhoff. Als Klinsmann ging, kam Hansi Flick dazu, und irgendwie mischte auch der Milliardär Dietmar Hopp aus Hoffenheim bei Bammental mit. (…) Und wenn sich Bierhoff, Löw und Flick zu ihren sagenumwobenen Klausurtagungen trafen, sah man die immer gleichen Bilder von Männern mit Sonnenbrillen, die in süddeutschen Großlimousinen ein Nobelrestaurant in Baiersbronn im Nordschwarzwald ansteuerten.“

Also, das ist ja nett geschrieben und eine These mit Steilpasscharakter. Aber die Reduktion der letzten knapp 20 Jahre der Deutschen Nationalmannschaft aufs schwäbisch/badische Geschmäkle hat halt mit Fußball eher weniger zu tun. Denn es waren Hochzeiten deutschen Fußballs, mit dem Titel als Weltmeister 2014 in Brasilien als Krönung. Das ist es, was zählt. Und das ist es, was die aufgezählten Personen erreicht haben. Das sollte man gerade heute nicht vergessen, wenn der Ausgangspunkt von 2004 und der Endpunkt 2023 durch eine Person verknüpft sind: Rudi Völler, der damals ging und jetzt als Interimscoach zur Stelle war, nachdem er ja zuvor das Amt des Sportdirektors übernommen hatte.

Es kam natürlich so, wie es in solch einem Fall kommen musste: Deutschland gewann das Freundschaftsspiel gegen das favorisierte Frankreich mit 2:1 und auf den Rängen schallte es „Rudi Völler! Ruuuudi Völler!“

Der hatte somit einen großen Bogen geschlossen, von seiner legendären Wutrede in Island 2003 („Ich kann den Scheiß nicht mehr hören“) bis zur Wiederbelebung einer ziemlich verunsicherten Nationalmannschaft am 12. September 2023. Und natürlich wollten alle, dass der Ruuudi bis zur Europameisterschaft 2024 in Deutschland weiter macht.

Bei der hektischen öffentlichen Diskussion, wer denn nun als Bundestrainer auf Hansi Flick folgen soll, brachten diverse Altgediente ihre Vorschläge zu Gehör, etwa Berti Vogts oder Felix Magath, der sich selbst als den richtigen Mann empfahl. Aber ein Mann kriegt Deutschland nicht: Christian Streich bleibt hier, gell! Wenn nicht die Kollegen der SZ ein Komplott aufdecken, das Streich doch noch zum Bundestrainer macht. Er ist schließlich südwestdeutsch.