Worte, so heißt es mitunter, sind Schall und Rauch. Wenn Worte in Zusammenhang mit Krieg gebraucht werden, ergibt das einen ganz anderen, schlimmen Zusammenhang. An der Front in der Ukraine erleben Menschen das, was unaussprechlich ist. Schall, Rauch, Raketen, Tod und Verderben in einem unwiederbringlichen Sinn. Hunderttausende meist noch junge Männer sind dort einen grausamen Tod gestorben, die Mehrzahl übrigens waren russische Soldaten, die von ihrem Präsidenten ungerührt in den Tod geschickt wurden. Wenn Politiker über diesen Krieg sprechen, entsteht diese entsetzliche Diskrepanz zwischen Sprache und tatsächlichem Ereignis. Vor diesem Hintergrund wollen wir uns den Äußerungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zum Einsatz von westlichen Bodentruppen vornehmen, sowie die Antworten von Olaf Scholz und anderen.
Um es zunächst klar zu formulieren: Emmanuel Macron hat etwas sehr Wahres gesagt. Und zwar in dem Sinne, dass alle Beteuerungen von heute in naher Zukunft nur noch Schall und Rauch gewesen sein werden. Wie schon so oft zuvor. Und natürlich lag darin eine Spitze gegen den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz, aber auch gegen die von der USA vorgegebenen roten Linien, die ja bald unter einem Donald Trump wieder ganz andere sein könnten. Und darauf hat Macron tatsächlich schon seit Jahren hingewiesen, dass Europa sich auch in Sicherheitsfragen unabhängiger machen müsse. Es war daher nicht nur einfach eine Laune des französischen Präsidenten, wenn er nun ein Tabuthema offensiv ansprach.
Zur Chronologie der Ereignisse: Macron hatte eine Pariser Hilfskonferenz für die Ukraine selbst initiiert, an der kurzfristig 21 Staats- und Regierungschefs teilnahmen. Diese waren kurz vor Mitternacht bereits wieder abgereist, als Macron dann alleine eine Pressekonferenz gab. Ein Journalist fragte ihn, was er denn von der Aussage des slowakischen Premiers halte, der schon vor dem Pariser Gipfel vor der Entsendung westlicher Bodentruppen in die Ukraine gewarnt hatte. Und so sagte Macron diese Sätze, im Wortlaut: „Über alles wurde gesprochen, sehr frei und direkt. Es gibt heute keinen Konsens darüber, offiziell Bodentruppen zu schicken. Doch für die Zukunft darf man nichts ausschließen. Wir werden alles tun, damit Russland diesen Krieg nicht gewinnt.“
Und da er schon mal dabei war, führte Macron das Thema weiter aus. „Viele Leute, die heute ‚Nie, nie‘ sagen, waren dieselben, die vor zwei Jahren ‚Nie, nie‘ zu den Panzern gesagt hatten, ‚Nie, nie‘ zu den Jets, ‚Nie, nie‘ zu den Langstreckenraketen, ‚Nie, nie‘ das und jenes. Ich erinnere Sie daran, dass viele, die heute um diesen Tisch saßen, vor zwei Jahren sagten: ,Wir schlagen Schlafsäcke und Helme vor.‘“
Das war natürlich der kleine Seitenwumms an Olaf Scholz.Dieser reagierte denn auch gleich tags darauf während eines Besuchs in Freiburg. Man habe bei dem Treffen in Paris „sehr intensiv und sehr gut“ über mehr Unterstützung für die Ukraine diskutiert, sagte Scholz. Da gehe es um Waffen, Munition und Luftverteidigung. In Paris sei ebenfalls besprochen worden, „dass das, was von Anfang an miteinander festgelegt worden ist, auch für die Zukunft gilt, nämlich, dass es keine Bodentruppen, keine Soldaten auf ukrainischem Boden geben wird, die von europäischen Staaten oder von Nato-Staaten dorthin geschickt werden.“
Jetzt, was hat es auf sich mit dem Schall und Rauch der Worte? Was würde tatsächlich passieren, wenn Russland in der Ukraine die Oberhand gewänne und auf Kiew marschiert? Wäre dann alles egal, was zuvor mit sehr viel Mühe und Geld geleistet wurde? Gälte dann der Queens-Song: „The winner takes it all“? Würde man sich vor Putin verbeugen? So ist das mit den Worten von heute und morgen. Biden, Scholz und die meisten Nato- Staaten finden, man müsse ja nicht heute über etwas reden, was vielleicht nie erforderlich sein wird. Macron hingegen wollte schon heute ein Signal an Putin senden, das dieser bestimmt verstanden hat. Schall und Rauch, bis zum Ende.