Für unser „heiligs Blechle“ blechen die Steuerzahler

Die Bundesregierung will im Jahr 2026 eine neue Kaufprämie für E-Autos und Plug-in-Hybride einführen. Dafür stellt Finanzminister Lars Klingbeil drei Milliarden zur Verfügung.

Fotomontage: Adrian Kempf

Wir Deutschen und unser „heiligs Blechle“ – das war schon immer eine ganz besondere Beziehung. Aber seit es nicht mehr röhrt und qualmt hat es – typisch deutsch – sehr viele Fragen und noch mehr Zurückhaltung beim Kauf dieser neuen Dinger, die sich Elektro-Autos nennen, gegeben. Da haben unsere geliebten Autokonzerne laut aufgestöhnt und mit dem Ende aller Autotage gedroht, wenn nicht ganz schnell die Bundesregierung mit Steuergeld in die Bresche springt. Ja gut, dieselben Autokonzerne machen ja jährlich meistens Gewinne in Milliardenhöhe und schütten satte Dividenden an ihre Aktionäre aus. Aber das tut natürlich nix zur Sache. Vielmehr soll Kanzler Friedrich Merz (privat ja ein Flieger, wenn auch allgemein kein Überflieger) jetzt mal (Auto-Freak Christian Lindner, der ja nun selbst in der Autobranche seinen Posten gefunden hat, ist ja leider nicht mehr Finanzminister) die „Krise“ lösen, in der die Autoindustrie sich – natürlich völlig unverschuldet – befindet. Und siehe da: Die Bundesregierung will 2026 eine neue Kaufprämie für E-Autos und Plug-in-Hybride einführen. Für das Förderprogramm stellt Finanzminister Klingbeil drei Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds bereit. So eine Subvention hat ja 2009 auch schon funktioniert, wenn damals auch unter dem unschönen Namen „Abwrackprämie“. Heißt heute viel schöner: „Förderung sozialer klimafreundlicher Mobilität.“


Tja, okay, aber natürlich war auch im Jahr 2009 das Wort „Abwrackprämie“ nicht der offizielle Begriff, sondern der Deutschen „Mundart“. Denn offiziell hieß die Subvention der Autoindustrie schon 2009 „Umweltprämie“. Der Ausdruck „Abwrackprämie“ wurde dann allerdings am 18. Dezember 2009 von der „Gesellschaft für deutsche Sprache“ zum Wort des Jahres 2009 gewählt. Und nun gibt es auch aktuell Stimmen, die den neuen Subventionsbegriff „Förderung sozialer klimafreundlicher Mobilität“ für eine Mogelpackung halten. Sprich: Kohle für SUV-Hybrid-Boliden, also mal als Vorschlag der Begriff: „Potenz-Prämie“! (Mal sehen, was die „Gesellschaft für deutsche Sprache“ dazu rückwirkend sagen wird) Denn alles, was sich die Beteiligten ausgedacht haben, ist weder besonders sozial noch klimafreundlich. Es ist eher das Prinzip Gießkanne, und ja, warum sollten wir Deutschen uns unser „heiligs Blechle“ nicht durch schöne Prämien ein bisschen schmackhafter machen lassen?

Was hat die Koalition konkret beschlossen?
Es heißt unter Punkt Nummer eins auf der insgesamt achtseitigen Liste mit Beschlüssen von Union und SPD so schön: die „Förderung sozialer klimafreundlicher Mobilität“. Was sich dahinter verbirgt, ist vor allem die Wiedereinführung einer Kaufprämie für Neuwagen, zudem soll auch das Leasing finanziell unterstützt werden. Die Regierung wolle, so heißt es, „eine gezielte Förderung insbesondere für Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen“ gewähren, und zwar „so unbürokratisch wie möglich“. Gefördert werden sollen ausschließlich Privatleute, und zwar bis zu einem zu versteuernden Haushaltseinkommen von bis zu 80 000 Euro in Jahr. Pro Kind im Haus soll die Einkommensgrenze um nochmals 5000 Euro angehoben werden. Weil das Jahresbrutto aber wesentlich höher ist als das zu versteuernde Jahreseinkommen, könnte beispielsweise auch ein verheiratetes Paar ohne Kinder mit weit überdurchschnittlichen Einkünften von etwa 100 000 Euro noch eine Förderung erhalten. Mit dem zusätzlichen Geld aus Steuereinnahmen will nun also die Bundesregierung den Kauf und das Leasing sowohl von rein elektrischen Autos sowie von Plug-in-Hybriden mit Batterie und Verbrennungsmotor fördern. Ursprünglich sollte sich das Programm ausschließlich auf „emissionsfreie“ Fahrzeuge beschränken – also Hybridautos wären damit außen vor gewesen; im Laufe der Verhandlungen setzte die Unions-Seite jedoch durch, dass alle „emissionsarmen“ Fahrzeuge förderfähig sind. Von Preis- oder Emissions-Obergrenzen ist dabei in dem Papier keine Rede. Also auch reiche Leute, die ein Luxusfahrzeug kaufen wollen, können profitieren. Das muss ja nicht unbedingt schlecht sein. Aber die Frage ist halt, wo dann an anderer Stelle dem Staat das Geld fehlt.

Warum das Vorhaben kritisiert wird
Immerhin soll es für Haushalte, die monatlich weniger als 3000 Euro netto verdienen, noch einmal zusätzliche 1000 Euro geben. Von einem „Social Leasing“ war ja ursprünglich die Rede nach dem Vorbild Frankreichs. Dort können Menschen mit geringem Einkommen schon länger zu niedrigen Monatsraten E-Auto fahren. Das Programm ist dort bisher ein voller Erfolg. Doch welche soziale Komponente es hat, auch Gutverdiener beim Kauf oder Leasing eines neuen Autos zu bezuschussen, bleibt am Ende das Geheimnis von Union und SPD.
Denn das Geld könnte woanders bei der Elektromobilität fehlen. Erst kürzlich hatte die Bundesregierung ihren „Masterplan“ zur Ladeinfrastruktur vorgestellt. Darin stehen viele sinnvolle Maßnahmen, allerdings ausdrücklich „unter Finanzierungsvorbehalt“. Während die Regierung also noch nicht weiß, ob sie überhaupt genug Geld für besseres und günstigeres Laden hat, schüttet sie Kaufprämien mit der Gießkanne aus. Besonders beliebt sind E-Autos nämlich bei Menschen mit einem privaten Ladeplatz: „Typische Nutzer haben ein hohes Einkommen, mittleres Alter, ein eigenes Haus und einen hohen Bildungsstand“, heißt es in einem KfW-Bericht. Gerade die Wohnsituation spiele eine maßgebliche Rolle für die Nutzung eines Elektroautos: Für die Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern sei die Installation einer Wallbox oft unkompliziert. „Kann man das Elektroauto zu Hause laden, bieten sich Kostenvorteile im Vergleich zum Laden an öffentlicher Ladeinfrastruktur. Lässt sich das Elektroauto zusätzlich mit einer Fotovoltaikanlage kombinieren, steigen die Kostenvorteile weiter“, so das Energiewendebarometer 2025.


Es ist anzunehmen, dass die Regierungsbeteiligten wissen, dass ihr Beschluss eine kaum versteckte Subvention für die Autoindustrie ist. Passend dazu haben sie keine Grenzen gesetzt, bis zu welchem Kaufpreis die Fahrzeuge gefördert werden, sodass sich auch Mercedes- oder Porsche-Kunden über den netten Bonus von bis zu 4000 Euro freuen dürfen.
Womit man dann ganz schnell (!) beim Thema „klimafreundliche Mobilität“ wäre. Denn darunter fallen laut dem Regierungspapier auch Plug-in-Hybride. Also jene Fahrzeugkategorie, bei der regelmäßig nachgewiesen wird, dass sie kaum elektrisch gefahren wird und deshalb oft alles andere als gut für die Umwelt ist. Kaum zu glauben, aber wohl wahr: Schon bald wird Steuergeld eben auch in die Anschaffung von SUV-Hybrid-Boliden wie den Mercedes GLE, Porsche Cayenne oder BMW X5 fließen.
Entsprechend kritisch bewerten Ökonomen die Sache: Zwar sei es „an sich eine gute Idee“ die E-Mobilität zu fördern, sagt etwa die Chefin des Sachverständigenrats, Monika Schnitzer – immerhin eine der wichtigsten Beraterinnen der Regierung in Wirtschaftsfragen. Aber dafür gebe es andere Stellschrauben: „Das Geld wäre besser in den Ausbau der Ladeinfrastruktur investiert.“

Die Problematik mit der EU
Es wird von der Bundesregierung explizit das Ziel formuliert, nicht nur die Nachfrage nach klimaschonenderen Pkws zu fördern, sondern auch „einen industriepolitischen Beitrag“ zu leisten. Heißt: Das Geld soll möglichst an europäische Unternehmen und damit in heimische Jobs fließen. Also nicht zu Tesla und Musk. Dafür sollen die beteiligten Ministerien nun „schnellstmöglich“ konkrete Regeln erarbeiten, nach denen dann möglichst nur Modelle mit einer hohen Wertschöpfung in Europa gefördert werden.
Das passt zum Plan der Regierung, bei der EU heftig gegen das sogenannte Verbrenner-Verbot kämpfen zu wollen. Auch da hätten die deutschen Autobauer und vor allem ihre Zulieferer gern Ausnahmen für Hybrid-Autos – oder wie es Kanzler Friedrich Merz nannte: für „hocheffiziente Verbrenner“. Es geht also um die heimische Industrie, in Zeiten von Trump, China und Co.