Uli Hoeneß, der noch immer das Sagen beim FC Bayern München hat, kritisierte das Verhalten vor allem der Premier League im zurückliegenden Wechselfenster als „völlig gaga“. Nun ja!
Der Patron hat gesprochen. Und zwar listig wie so oft. Uli Hoeneß, der Ehrenpräsident des FC Bayern schaute bei einer DFL-Veranstaltung „fassungslos“ auf das kürzlich vergangene Wechselfenster. Er ruft die Bundesliga dazu auf, ihren eigenen Weg zu gehen. Wobei Hoeneß, der ganz sicher noch immer das Sagen bei FC Bayern hat, in allen Ehren sozusagen, einerseits auf Umstände verweist, die tatsächlich hanebüchen sind. Aber andererseits will er natürlich wie immer den immensen Vorsprung seines FC Bayern auf die Konkurrenz in der Bundesliga verteidigen, wenn nicht gar ausbauen. Seine List besteht darin, dass er das neureiche Gebaren der Premier League geißelt. Denn diese gab insgesamt 3,5 Milliarden Euro für Transfers aus, wobei 15 von 20 Vereinen die 100-Millionen-Euro-Marke überschritten. Dies nannte Hoeneß „völlig gaga“ und meinte: „Irgendwann sagt der Bürger: ‚Sind die völlig bekloppt?‘“ Das deutsche Wort „gaga“ kommt aus dem Französischen und bedeutet umgangssprachlich „verrückt“, „vertrottelt“ oder „kindisch“. Es kann aber auch „senil, albern“ bedeuten. Und hier wird es interessant. Denn die Manager der Premier League könnten Uli Hoeneß als senil bezeichnen, während er sie als kindisch empfindet. Hoeneß hat mit seiner Aufforderung, die Bundesliga solle „ihren eigenen Weg gehen“ natürlich auch jene Vereine im Blick, etwa Eintracht Frankfurt, die sich durch Verkäufe ihrer Spieler nach England finanziell ein gutes Polster zulegen. Dies nannte Hoeneß früher „das Festgeldkonto des FC Bayern“, das nun aber auch andere Bundesligisten aufgrund der Kaufwut der Engländer aufbauen. Und das wiederum kann der Patron aus Bayern gar nicht gut finden. Die Bayern waren übrigens zuletzt im Werben um die Nationalspieler Florian Wirtz, der zum FC Liverpool wechselte, und Nick Woltemade, der nun für Newcastle United spielt, auch an der Finanzkraft der englischen Premier League gescheitert.
Hoeneß warnte: „Das kann nicht gutgehen.“ Die Bundesliga sei gut beraten, ihren eigenen Weg zu gehen, und müsse dabei sogar eine Führungsrolle übernehmen. „Wir müssen Stärke zeigen und nicht das Geld der Araber, und nicht der amerikanischen Hedgefonds nehmen“, forderte der langjährige Bayern-Manager. Die DFL müsse sicherstellen, dass die Bundesligisten „dieses Geld nie annehmen müssen“. Gemeint war: Je mehr in der Bundesliga von den ungewissen Herausforderungen der nächsten Jahre die Rede ist, umso enger binden sich die deutschen Klubs an ihr Gelöbnis, die im europäischen Kontext einzigartige 50+1-Regel zum Schutz vor übergriffigen Investoren zu bewahren. Das ist einerseits zu begrüßen, aus Sicht der Fans, die in ganz normalen Einkommensverhältnissen stehen und von einem Gehalt von 300.000 Pfund PRO WOCHE nicht einmal träumen wollen – dies soll Alexander Isak nach seinem Wechsel zum FC Liverpool einstreichen. Und das geht halt nur, weil hinter Liverpool die Besitzergruppe „Fenway Sports“ steht, die für das Gegenteil der sozialistisch angehauchten Gesinnung der meisten Menschen am River Mersey steht. Nämlich für den grenzenlosen Milliardenkapitalismus der Fußballbranche. Der Klub hat insgesamt eine halbe Milliarde Euro für neue Spieler ausgegeben, darunter rund eine Viertelmilliarde für das Bundesliga-Duo Florian Wirtz und Hugo Ekitiké. Bevor dann Alexander Isak für eine Ablöse von 150 Millionen dazu kam – ein neuer britischer Transferrekord im Fußball.
Wenn Uli Hoeneß dies als „gaga“ geißelt, hat er natürlich Recht. Andererseits ist es aber so, dass die 50+1-Regel der Bundesliga auch die Übermacht des FC Bayern schützt. Würde diese nämlich abgeschafft, dann könnte ein Investor in der Liga aufkreuzen, der den Bayern finanziell überlegen wäre. Wie es ja in Frankreich bei Paris St. Germain (PSG) der Fall war. Denn nur zwei Spieler waren bis heute überhaupt im Weltfußball teurer als jetzt Alexander Isak: Neymar Júnior und Kylian Mbappé. Neymar wechselte 2017 für 222 Millionen Euro vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain und Mbappé später für 180 Millionen Euro zum selben Verein. Also klar: Hoeneß will so etwas verhindern, um die finanzielle Übermacht der Bayern in der Bundesliga zu wahren.
Was er aber nicht verhindern kann, ist der finanzielle Zuwachs, den andere Bundesligisten durch den Verkauf von Spielern nach England erzielen. Besonders geschickt hat sich da Frankfurt angestellt, In diesem Sommer hat dort Sportvorstand Markus Krösche auf den Abschied von Hugo Ekitiké zum FC Liverpool damit reagiert, Jonathan Burkardt von Mainz 05 und Ritsu Doan vom SC Freiburg zu verpflichten. Und somit sehr viel Qualität generiert, aus dem englischen Geldfluss. Auch der SC Freiburg hat nach Kevin Schade nun mit Merlin Röhl wieder extrem viel Kasse gemacht. Eigentlich gaga!